Handgefertigte Teedosen bei Endate

von https://endate.jp/about/concept

Eine Werkstatt, in der erfahrene Kijishi mit außergewöhnlichen Kenntnissen Holz bearbeiten.

Aufgeregt parke ich meinen roten Mietwagen in einer Seitenstraße des kleinen Dorfs Bihoro, weit im japanischen Norden. Eine gute Busverbindung dorthin gab es nicht, dafür aber eine wundervolle Landschaft, durch grüne Berge, lebendige Täler, vorbei an bunten Feldern. Schon beim Aussteigen sehe ich einen Mann mit Arbeitsschürze und grauem Haar hinter einem Fenster aufspringen. Mit ihm bin ich verabredet. Meine erste Verabredung mit einem japanischen Handwerksmeister.

Eine ganze Produktion auf 60 Quadratmetern
Kin Endate leitet in zweiter Generation den kleinen Betrieb, der perfekt gearbeitete Teedosen herstellt und über Partner weltweit vertreibt. Er begrüßt mich mit einer herzlichen Verbeugung und wir beide sind etwas sprachlos. Weder spreche ich japanisch, noch spricht er englisch oder deutsch. Die Begeisterung für das Handwerk verbindet uns allerdings. Er führt mich durch den kleinen Raum und erklärt mir seine Tätigkeit mit den Händen und beugt sich hin und wieder hinab zu meinem Smartphone mit Übersetzungsprogramm. Es duftet nach Holz, und Späne sind feinsäuberlich an den zwei Drehmaschienen im kleinen Hauptraum verteilt.

Der Betrieb umfasst insgesamt vier Räume: einen Empfangsbereich mit einer Couch und einer Vitrine, in der fertige Produkte ausgestellt sind; den Werkraum, in dem unzählige Rohlinge auf ihren Einsatz an den beiden Drechselmaschinen warten; eine kleine Schmiede, in der die Werkzeuge selbst hergestellt werden; und einen Lagerraum, in dem Baumstämme grob angezeichnet und zugeschnitten werden. Eine vollständige Produktionskette auf etwa 60 Quadratmetern.

Digitale Werkmaschienen sucht man vergeblich
Das Endate Werkstatt wurde 1971 in Bihoro, Hokkaido, von Isao Endate, gegründet und stellt seither Tee- und Kaffeedosen aus dem japanischen Pagodenbaum Enju her, die in der nahgelegenen Region des Kussharo-Sees geerntet werden. Das Unternehmen wurde 2008 von dessen Sohn Kin Endachi übernommen, und die fünf Mitglieder der Familie teilen sich nun die Verantwortung für die Herstellung der Holzprodukte, die hauptsächlich von den so genannten „kijishi“ (Holzhandwerkern), von Hand gefertigt werden. Sie beschreiben, dass sich zwar Lebensstil, Denkweisen und Werte mit der Zeit ändern, sie aber davon überzeugt sind, dass auch weiterhin ihre handwerklichen Fähigkeiten wichtig bleiben. Digitale Fräsmaschinen sucht man hier vergeblich. Stattdessen packt auch die über neunzig jährige Sadako Endate mit an. Auf sie treffe ich im letzten Raum, wo sie gerade damit beschäftigt ist die Rohlinge zuzuschneiden. Sie lächelt mir freundlich zu und verdeutlicht, wie sie noch immer die etwa ein meter langen und 20cm breiten Stücke der Bäume anhebt und sägt.

Lokale Grundstoffe und Tradition
Alle Holzprodukte werden aus japanischen Pagodenbäumen hergestellt, die in Hokkaido wachsen. Der nördlichsten und damit kältesten der vier japanischen Hauptinseln. Der Baum ist in Japan auch als „Enju“ bekannt und wird mit Langlebigkeit in Verbindung gebracht. Die dichten Jahresringe sind hart und geruchsarm. Ideal also für Teedosen und Geschirr, dass mit Lebensmitteln in Berührung kommt. Die Stämme werden mehrere Jahre lang unter freier Sonne gelagert und durchlaufen dann weitere Schritte der Trocknung die jeweils nach Vorschnitt, Feinschnitt, Endbearbeitung und Lackierung stattfinden. Die seit Generationen überlieferte Technik ermöglicht die Herstellung von hermetischen und langlebigen Objekten von hoher Qualität aus einem edlen Material.

Handwerk als Inspiration für nachhaltige Zukunftswege

Der Besuch bei Kin Endate und seiner Familie in ihrer kleinen Werkstatt hat mir eindrucksvoll gezeigt, was erfüllende Arbeit mit den Händen bedeuten kann. Hier wird Holz nicht einfach verarbeitet, sondern mit Respekt behandelt – vom Baumstamm bis zum fertigen Produkt. Es ist eine Kunst, die Geduld, Präzision und Hingabe erfordert und gleichzeitig eine tiefe Zufriedenheit in der Arbeit schenkt.

Diese Verbindung von Handwerk, Tradition und nachhaltiger Ressourcennutzung birgt wichtige Lektionen für uns in Deutschland. Kleine, spezialisierte Betriebe, die auf Qualität und Regionalität setzen, könnten dazu beitragen, das Handwerk wieder attraktiver zu machen. Die Wertschätzung für handwerkliche Berufe, die Weitergabe von Wissen und der bewusste Umgang mit Materialien bieten Perspektiven, um Arbeitswelten zu schaffen, die sowohl sinnstiftend als auch zukunftsfähig sind und dabei ein neues Gefühl von Erfüllung im Beruf geben können. Die Weitergabe von Wissen über Generationen hinweg und der bewusste Einsatz von digitalem, können dabei das Fundament der Arbeit erweitern. Egal in welchem Setting, wird auch in Zukunft entscheidend bleiben, die eigene Motivation zu finden um mit Kopf und Herz gemeinsam Wirksam zu sein.



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